Was hat Entspannung mit Rückenschmerzen zu tun? Das wurde ich mal von einer Teilnehmerin gefragt. Gute Frage! Und einen ganzen Blogartikel als Antwort wert.

Wenn man Rückenschmerzen hat, denkt man zuerst mal an ein strukturelles, anatomisches Problem und geht zum Orthopäden. So ging es zumindest mir am Anfang meiner “Rückenreise”. Die Diagnose lautet oft Lumbalgie oder LWS-Syndrom, wenn sich die Schmerzen im unteren Rücken befinden, was so viel heißt wie: “Keine Ahnung, wo die Schmerzen herkommen, aber das Kind hat erstmal einen Namen.” Woher soll der arme Orthopäde die Ursache für die Schmerzen auch auf die Schnelle wissen? Er kennt weder uns, noch unsere Lebensumstände und -gewohnheiten so gut, als dass er das mit Gewissheit sagen könnte. Denn die Ursachen können so vielfältig und individuell wie wir selbst sein.

Dann bekommt man vom Arzt (hoffentlich) ein Rezept für manuelle Therapie. Wenn es akut ist und mit heftigen Schmerzen verbunden, vielleicht auch eine Spritze oder Schmerztabletten. Alles berechtigte Mittel, die wahrscheinlich (kurzfristig) Linderung bringen. Aber sind damit die Ursachen behoben? Du kennst die Antwort.

Wir dürfen also auf Ursachenforschung gehen und unser Leben ganzheitlich betrachten.

Ursachenforschung – woher kommen die Rückenschmerzen?

Um den Ursachen für Schmerzen und Unwohlsein auf die Spur zu kommen, hier ein paar Fragen, die du dir beantworten kannst:

  • Wie geht es dir heute?
  • Wie geht es dir wirklich?
  • Wann hast du das letzte Mal Pause gemacht?
  • Wieviel Wasser hast du heute schon getrunken?
  • Was steht heute auf dem Speiseplan?
  • Wieviel Bewegung hast du im Alltag?
  • Wie zufrieden (oder nicht) bist du im Job?
  • Wie geht es dir, wenn du an deine To-Do-Liste denkst?
  • Wie steht es um deinen Perfektionismus?

Die Liste könnte noch viel länger werden. Wenn du dir diese Fragen ehrlich beantwortest, wirst du erste Hinweise auf die Ursachen für deine Rückenschmerzen entdecken.

Ich unterstelle, dass sich die meisten von uns in unserer Leistungsgesellschaft gestresst fühlen. Die To-Do-Listen im Job und auch zuhause sind lang, die Ansprüche (v.a. unsere eigenen) hoch. Das ist belastend und setzt uns unter Druck. Das kann eine schwere Last auf unseren Schultern sein. Schon die Sprache – Belastung, Druck, Last – zeigt bildlich, wie sich diese Umstände auf den Rücken auswirken können.

In einem Satz zusammengefasst: Stress wirkt sich unmittelbar auf die Faszien aus und kann zu Verspannungen führen, was wiederum zu Rückenbeschwerden führen kann. Anstatt mit Schmerzmitteln zu arbeiten oder die Verspannung wegmassieren, -drücken, -dehnen zu wollen, könnte es vielleicht eine Alternative sein, Stress zu reduzieren und ANspannungen durch ENTspannung zu lösen?

Was ist Entspannung? Was bringt mir Entspannung?

Wenn du an Entspannung denkst. Was fällt dir dann zuerst ein? Was bedeutet Entspannung für dich? Netflix, Bierchen und Chips? Das geht schon mal. Aber abgesehen von der ungesunden Ernährung ist das viel mehr Ablenkung und Verdrängung als Entspannung.

Entspannung ist ein Zustand der körperlichen und geistigen Ruhe. Sie sorgt dafür, dass körperliche und emotionale Anspannung, Stress und Sorgen reduziert werden. Es ist ein natürlicher Prozess, der dem Körper und dem Geist ermöglicht, sich zu erholen, wieder aufzuladen und ein Gleichgewicht herzustellen. Wenn wir den passenden Rahmen dafür schaffen, können wir Körper und Geist dabei unterstützen loszulassen und zu regenerieren.

Es gibt verschiedene Arten der Entspannung, darunter körperliche Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga und Tai-Chi, sowie geistige Techniken wie Meditation und Atemübungen, die sich ebenfalls im Yoga wiederfinden.

Was passiert im Körper, wenn wir uns entspannen? Neben zahlreichen positiven Effekten wie Stärkung des Immunsystems, Senkung des Blutdrucks oder Förderung der geistigen Gesundheit, ist mir im Zusammenhang mit Rückenschmerzen v.a. die Stressreduktion wichtig.

Wenn wir uns entspannen, werden Stresshormone wie Cortisol reduziert, der Körper in einen Zustand der Ruhe zu versetzt und wir beruhigen unser Nervensystem. Durch alltägliche Belastungen ist überwiegend das sympathische Nervensystem aktiv, also der Teil, der in stressigen Situationen dafür sorgt, dass wir leistungsfähig sind. sozusagen im “Kampfmodus”. Entspannung ist in diesen Situationen nicht möglich, früher war es sogar lebensgefährlich. Heute ist es vielleicht der Chef anstatt des Säbelzahntigers, der uns stresst, die körperliche Reaktion ist allerdings die gleiche.

Durch Entspannen aktivieren wir den parasympathischen Teil des Nervensystems. Denjenigen Teil, der für Ruhe und Regeneration verantwortlich ist. Es “droht” von außen keine Gefahr, also kann der Körper in Ruhe all seine Kräfte nach Innen richten. Es wird aufgeräumt, repariert, losgelassen, erholt, entspannt, verdaut, verwertet. Alls diese wunderbaren körperlichen Vorgänge, die unser allgemeines Wohlbefinden verbessern, stressbedingte Symptome wie Kopfschmerzen, Muskelverspannungen und Schlafstörungen reduzieren und unsere Gesundheit wieder herstellen.

Wird mittlerweile etwas klarer, warum Entspannung und Rückenschmerzen eng miteinander verbunden sind?

Pause vs. Entspannung

Die Worte Pause und Entspannung werden oft synonym verwendet. Dabei sind sie zwar miteinander verbunden, aber nicht das Gleiche. Pause und Entspannung sind zwei verschiedene Konzepte.

Die Pause ist in der Regel zeitlich begrenzt. Es ist eine Unterbrechung oder einen Rückzug von einer Aktivität oder einer Aufgabe. Pausen können während der Arbeit, des Studiums oder anderer anstrengender Tätigkeiten eingelegt werden, um kurzfristig Energie aufzutanken, die Konzentration wiederherzustellen oder körperliche Belastungen zu verringern. Pausen dienen dazu, eine Erholung von der direkt vorangegangenen Anstrengung zu ermöglichen und können unterschiedlich lang sein, je nach den individuellen Bedürfnissen und den Anforderungen der jeweiligen Situation.

Entspannung hingegen, haben wir oben gelernt, bezieht sich auf den Zustand des geistigen und körperlichen Wohlbefindens. Durch diesen Zustand soll erreicht werden, Stress und Anspannung zu reduzieren. Neben Yoga und Meditation fällt in diesem Zusammenhang auch oft das Wort Achtsamkeit. Denn auch eine achtsame Lebensweise tragen zu Entspannung bei und fördert die Gesundheit. In meinem Artikel: “Achtsamkeit ist gesund” habe ich mehr dazu geschrieben. Entspannungstechniken zielen darauf ab, den Körper zu beruhigen, den Geist zu klären und ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit zu fördern.

Nun kommt die Verbindung: Obwohl eine Pause eine Form der Unterbrechung darstellt, kann sie auch als Gelegenheit zur Entspannung genutzt werden. Indem man bewusst die Pause nutzt, um sich zu entspannen und Stress abzubauen, kann man die positiven Auswirkungen auf die Erholung und die allgemeine Gesundheit maximieren.

Also nochmal zusammengefasst: Die Pause ist eine zeitlich begrenzte Unterbrechung einer Aktivität, während Entspannung ein Zustand des geistigen und körperlichen Wohlbefindens ist, der durch Stressabbau und Anspannungsreduktion erreicht wird. Eine Pause kann genutzt werden, um Entspannung zu ermöglichen und umgekehrt kann Entspannung während einer Pause erreicht werden.

Entspannen ist nicht gleich Dehnen

…und auch nicht gleich Massieren.

Wenn wir an Verspannungen leiden, ist unser erster Impuls oft, dehnen zu wollen oder die Verspannungen durch Massagen zu lösen. Das kann Linderung bringen, die aber meist nur von kurzer Dauer ist. Denn genau wie mit den Medikamenten und Spritzen, arbeiten wir hier nur an den Symptomen.

Wie der Name schon sagt, ist das Gegenteil von Anspannung Entspannung. Vielleicht dauert es länger, bis sich die positiven Effekte einstellen, dafür ist es nachhaltiger. Wenn sich der Körper verspannt, ist das ein Signal an uns, dass wir etwas ändern sollen (siehe Ursachenforschung).

Dabei gilt zweierlei – An- bzw. Verspannung kann bedeuten:

“Lieber Mensch, ich brauche Ruhe und Entspannung. Ich muss und möchte mich regenerieren!”

oder

“Achtung, lieber Mensch, hier ist zu viel los, das kann ich nicht (aus-) halten. Ich brauche mehr Kraft!”

Entspannung und Dehnung sind also unterschiedliche Ansätze mit verschiedenen Schwerpunkten und Wirkungsweisen.

Entspannung: haben wir schon kennengelernt. Ziel ist, den Körper und den Geist in einen Zustand der Ruhe und Gelassenheit zu versetzen.

Dehnung: Dehnübungen hingegen sind darauf ausgerichtet, die Flexibilität und Beweglichkeit der Muskeln und des Bindegewebes zu verbessern.

Das Konzept von Anspannung und Entspannung

Vielleicht kennst du das Konzept aus dem Fitnessstudio in Bezug auf den Muskelaufbau. Dein kompetenter Fitnesstrainer hat dir erklärt, dass der Muskelaufbau dann startet, wenn die muskuläre Belastung über das normale Leistungsniveau hinausgeht, es also richtig anstrengend wird und der Reiz auf den Muskel größer ist als gewohnt. Aber Achtung, jetzt kommts: Das Wachstum, also die Anpassung der belasteten Muskeln, findet nicht während des Trainings statt, sondern während der Regenerationsphase dazwischen. Die Pause, die Entspannung dazwischen “is where the magic happens”!

Wie dem Muskel geht es auch Körper und Geist. Nach einer Phase der erhöhten körperlichen oder geistigen Aktivität, in der wir konzentriert und fokussiert sind und unsere körperlichen Ressourcen mobilisiert haben, in der wir intensiver körperlicher Arbeit, geistigen Herausforderungen oder intensiven sportlichen Aktivitäten nachgehen, muss eine Phase der Entspannung folgen. Nur in diesem Zustand haben wir die Möglichkeit, uns zu erholen, zu regenerieren und unsere Energie wieder aufzufüllen und auch widerstandsfähiger und resilienter zu werden.

Wir brauchen also beide Phasen, um ein gesundes Gleichgewicht in unserem Leben aufrechtzuerhalten. Wenn wir uns nur in einem Zustand der ständigen Anspannung befinden, kann dies zu chronischem Stress, Erschöpfung, Schlafstörungen und eben auch Rückenschmerzen oder anderen gesundheitlichen Problemen führen.

Für eine optimale Leistungsfähigkeit, körperliche Gesundheit inklusive einem gesunden Rücken und psychisches Wohlbefinden dürfen wir bewusst auf unseren Körper und Geist achten und uns ausreichend Zeit für Ruhe und Regeneration geben. Für ein ausgeglichenes und erfülltes Leben – ohne Rückenschmerzen.

Zuhause und im Alltag üben

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