Füße hochlegen klingt prima! Aber was genau sind Umkehrhaltungen?

Kurz erklärt sind Umkehrhaltungen – auch Inversionshaltung oder neudeutsch Inversions genannt – alle Asanas und Positionen, in denen das Herz höher ist als der Kopf.

Vielleicht hast du jetzt all die halsbrecherisch anmutenden Instagram Posts athletischer Yogis vor Augen, die uns zeigen, wie toll Handstände, Kopfstände und Armbalancen in unterschiedlichsten Variationen aussehen können. “Das kann ich niemals!” Musst du auch nicht! Denn es gibt zahlreiche Umkehrhaltungen für alle Levels, sodass jeder Umkehrhaltungen üben und von der Vielzahl an Vorteilen, die auch durch Studien belegt sind, profitieren kann.

Aber nicht nur ganz offensichtliche Asanas wie Kopf- und Handstand sind Umkehrhaltungen, sondern auch ganz unscheinbare und relativ einfach durchzuführende. Hier sind ein paar Inversions, die der Durchschnittsyogi ohne schwerwiegenden gesundheitlichen Einschränkungen gut üben kann:

Umkehrhaltungen für (fast) jedermann

Alle Arten von stehenden Vorbeugen zählen zu den Umkehrhaltungen. Ob mit geschlossenen oder gegrätschten Beinen oder mit gestreckten oder gebeugten Beinen. Das Herz ist räumlich gesehen immer höher als der Kopf.

  • stehende Vorbeuge
  • gegrätschte Vorbeuge

Auch der hinabschauende Hund und die Schulterbrücke zählen zu den Umkehrhaltungen und kommen quasi in jeder Yogaeinheit vor.

  • hinabschauender Hund
  • Schulterbrücke

Eine besondere Wohltat für alle Systeme des Körpers sind allerdings diejenigen Umkehrhaltungen, bei denen auch noch die Füße höher sind als das Herz. Auf diese möchte ich mich in diesem Artikel konzentrieren. Erstaunlich einfach, erstaunlich wirksam und auch vom Namen her DIE Umkehrhaltung ist Viparita Karani – viparita bedeutet umgekehrt, karani heißt Stellung. Dabei liegen wir auf dem Rücken und strecken unsere Füße in die Luft. Vielleicht legen wir die Beine an der Wand hoch, vielleicht stecken wir uns auch noch ein Kissen oder einen Block unter das Kreuzbein. Fertig ist die Umkehrhaltung und sie tut sooo gut.

Kaum zu glauben, dass sich diese einfache Position positiv auf unsere geistige und körperliche Gesundheit auswirkt. Aber sind es nicht häufig die kleinen Dinge, die eine große Wirkung haben? Von der Beruhigung des Nervensystems über die Stärkung des Immunsystems und die dringend benötigte Auszeit in unserer stressigen und hektischen Welt – einfach mal die Füße hochlegen wird nach diesem Artikel eine andere Bedeutung für ich haben.

5 Vorteile von Viparita Karani

1 Fördert die Durchblutung

Besonders wer einen Großteil des Tages sitzend oder stehend verbringt, gepaart mit zu wenig Bewegung insgesamt, kennt wahrscheinlich das Gefühl von schweren, vielleicht sogar geschwollenen schmerzenden Beinen, Köcheln und Füßen. Durch das Hochlegen der Füße kann das Blut leichter zum Herzen zurückfließen und entlastet so die Venen. Wer noch seinen Venen noch mehr Gutes tun will, beugt und streckt abwechselnd die Füße und aktiviert so die Venenpumpe. Füße hoch und Venenpumpe: eine Wohltat für unsere Beine!

Zudem können Menschen mit einem niedrigen Blutdruck Kreislaufproblemen durch regelmäßiges Hochlagern der Beine vorbeugen.

2 Unterstützt das lymphatische und glymphatische System

Das Lymphsystem spielt eine wichtige Rolle beim herausfiltern und abbauen von Bakterien und anderen potenziell schädlichen Zellen. Indem wir die Füße hochlegen, unterstützen wir dieses System und den Fluss der Lymphflüssigkeit zu den Lymphknoten. Das Lymphsystem hat keine Pumpe wie der Blutkreislauf und ist daher auf Schwerkraft und Bewegung angewiesen, um zu funktionieren.

Ein weiterer wichtiger Vorteil des Hochlagerns der Beine im Ruhezustand ist die Stimulierung des glymphatischen Systems. Während das Lymphsystem unseren “Körper reinigt” kümmert sich die Glymphe um die Beseitigung van Abfallstoffen im Zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark).

3 Aktiviert das parasympathische Nervensystem

Hinlegen, ruhen, Füße hochlagern, entspannen. All das sorgt dafür, dass sich die Atmung verlangsamt, was wiederum dem Vagusnerv signalisiert, dass es sicher ist, mit der vollständigen Entspannung zu beginnen. Der Vagusnerv ist der größte Nerv des parasympathischen Nervensystems, das für Ruhe und Erholung sorgt. Der Vagusnerv ist weit über den Körper verbreitet und ist an der Steuerung der meisten inneren Organe beteiligt. Er beginnt im Gehirn, läuft u.a. durch Hals, Herz und Zwerchfellund endet im Darm. Er nimmt ständig wahr, was im Körper vor sich geht, sendet entsprechende Botschaften an das Gehirn, welches dann wiederum beeinflusst, wie wir uns fühlen.

4 Verbessert die Atmung

In Umkehrhaltungen wird das Zwerchfell, unser wichtigster Atemmuskel, trainiert. Das liegt daran, dass es entgegen der Schwerkraft und gegen die auf ihm liegenden inneren Organe arbeiten muss, damit Luft in unsere Lungen einströmen kann. Auch das trägt zur Aktivierung des Parasympathikus, dem “Rest & Digest” Nerv, bei und bringt so Körper und Geist zur Ruhe.

5 Tut gut bei Muskel- und Gelenkschmerzen

Wenn wir viel auf den Beinen sind oder lange am Schreibtisch sitzen, schleichen sich oft Fehlhaltungen ein. Außerdem verlieren die Bandscheiben über den Tag hinweg an Flüssigkeit, was zusammen mit der krummen Haltung zu weiteren Schmerzen führen kann. Ein paar Minuten Viparita Karani können helfen, den Druck auf den unteren Rücken zu verringern und das Gefühl von Schwere und Müdigkeit in Füßen, Beinen und Hüften zu lindern.

Wieso schreibe ich oben für FAST jedermann?

Viparita Karani ist für die meisten Menschen eine sanfte und sichere Haltung. Es gibt jedoch ein paar Umstände, in denen Viparita Karani und auch die anderen oben genannten Umkehrhaltungen nicht oder nur nach Absprache mit einem Arzt geübt werden sollten: Das gilt zum Beispiel für Schwangere, für Menschen mit grünem Star oder (unbehandeltem) Bluthochdruck.

Eine ganz wundervolle Alternative und noch einfacher in ihrer Ausführung ist ein unterstütztes Savasana. Wer mit Hilfe von Kissen und Decken seine Knie und Unterschenkel (das ist dabei das Wichtigste!) unterlagert, profitiert ebenso von den positiven Effekten der Umkehrhaltung.

Fazit

Was tust du, wenn du wiedermal einen stressigen Tag hattest? Genau – erlaube dir, öfter die Füße hochzulegen. Denn wer die Füße hochlegt, kommt zur Ruhe und entspannt sich. Die verbesserte Durchblutung und die bewusste Atmung lösen Anspannungen und das Hochlegen der Beine wirkt außerdem psychisch entspannend. Wenn es nur eine Asana am Tag sein kann, dann diese.

Und wenn du dir mit einer Yogaeinheit etwas Gutes tust, lasse niemals Savasana aus. Vielleicht denkst du bei deiner nächsten Klasse daran, deine Schlussentspannug mit etwas unterlagerten Beinen zu genießen. Eine wahre wohltuende Inger-Honig-Infusion für deinen Körper!